Wienstanbul 2019 – Istanbul-Bukarest-Wien / Ein Abenteuer mehr

Nach 3,5 vollen Tagen in Istanbul hieß es wieder die Heimreise anzutreten. Es waren tolle Tage in einer aufregenden und beeindruckenden Stadt am Bosporus. Wir hatten das große Glück von locals zu den besten Plätzen geführt worden zu sein, es war ein Traum 😍!



Am Montag Abend heißt es am Bahnhof Sirkeci im Zentrum auf der Europäischen Seite Istanbuls auf den Shuttle-Bus zum Vorortbahnhof Halkali zu warten. Der Bahnhof Sirkeci strahlt noch immer den Glanz alter Tage aus, als würde jeden moment der Orient Express aus Paris eintreffen.

In Halkali steigen wir in den Schlafwagen des „Istanbul-Sofia-Express'“, für den wir die Karte nur 4 Tage zuvor gekauft haben. Umgerechnet 26€ pro Person für das Double-Abteil.

Das Abteil spielt alle Stückerl und hat sogar einen Mini Kühlschrank verbaut… Ein feature, dass wohl auf den Langstrecken wie Ankara-Kars dringend gebraucht wird, in Mitteleuropa aber keine Verwendung findet, es bleibt das Entdecken einer fernen Welt.

Naja, viel haben wir nicht von dem luxuriösen Schlafwagenabteil, denn wir müssen schon um 5.00 Uhr (planmäßig) wieder aussteigen. In der Nebensaison gibt es keinen Wagon der von Istanbul nach Bukarest durchgebunden wird, so müssen wir insgesamt 3x an diesem Tag umsteigen… Aber immer der Reihe nach 😉!

An der Türkischen Grenze in Kapikule heißt es wieder aussteigen und zum Bahnhofsgebäude latschen. Wir haben schon +25min Verspätung bei der Ankunft, bei der Abfahrt +50min… An diesem Tag sind besonders viele Menschen gereist, unter anderem eine 30 köpfige Amerikanische Reisegruppe… Etwas viel für den einzigen Grenzbeamten hinter seiner Budl. Angekommen in Svilengrad, der Bulgarischen Grenzstadt, reißen wir nochmal 20min Verspätung auf und mit +70min würden wir den nur 1x täglich verkehrenden und dringend benötigten Anschluss in Dimitrovgrad nach Gorna Orjahovica nicht mehr erreichen. Es ist 5.00 Uhr früh, geschlafen habe ich davor 3 Stunden… Jetzt ist nicht mehr an schlafen zu denken, denn im wieder Roamingfreien Bulgarien glüht die Leitung heiß, auf der Suche nach Alternativen (Bus über Varna? Puhh…)… Naja, die Hoffnung stirbt zuletzt dachte ich.

Wir erreichen Dimitrovgrad um 7.10 Uhr, der Anschlussgug sollte schon seit 15min weg sein, wir laufen zum Schalter… Eine andere mitreisende fragt die Frage der Fragen…
Die Dame hinterm Schalter sagt im perfekten Englisch und ganz gelassen…

„Oh, it’s over there on platform 2“.

Uns fällt ein Stein vom Herzen, Wofli schicke ich zum Zugaufhalten, ich eile zum Bankomaten und hebe mal umgerechnet 30€ ab, sprinte zurück, rauf auf den Zug… Schaffnerin fragt:

„Finish?“

Wir:

„Finish!“

…und die Tür geht zu und wir fahren.

Irgendwie gehört das halt einfach dazu 😉!

Und wir wurden nicht nur belohnt, weil wir jetzt nach Bukarest kommen, sondern auch weil wir nun auf einer der schönsten Strecken Europas fahren dürfen, von Dimitrovgrad nach Gorna Orjahovica, über den Schipka Pass im Balkangebirge.

Es ist 7.30 Uhr und die Sonne geht auf. Wir öffnen die Fenster dieses wundervollen Bulgarischen 2 Wagon-Zuges und genießen alles! Ein wenig später kommt die Schaffnerin ins Abteil, fragt uns wo wir hin wollen, sie geht wieder und kommt zurück mit einer handgeschrieben Fahrkarte 😍!

18 Lev, bzw. 4,5€ pro Person.

Es folgt Eisenbahn und Landschaft wie aus einer vergangenen Zeit. Es bleibt nur zu staunen!

In Gorna Orjahovica, einem wichtigen Bulgarischen Bahnknotenpunkt angekommen kaufen wir ein Ticket bis zur Grenzstadt Ruse.

3 € wird es pro Person kosten, für einen Regionalzug. Erst als wir wenig später am Bahnsteig ankommen, sehen wir in welchem bemerkenswerten Schmuckstück wir reisen werden dürfen. Ein Schnellbahnwagen aus der Sowjetischen Wagon Fabrik in Riga, Baujahr 1971 (!).

Es wird zunehmend flacher und bald kommen wir in Ruse an, einer Stadt an der Donau, mit nur einer von zwei Donaubrücken, die Bulgarien und Rumänien verbindet. In Bulgarien nennt man die Stadt auch Klein-Wien, auf Grund der vielen historistischen Zinshäuser im Stadtbild. Doch gleich zu Beginn erschlägt uns die Bahnhofshalle, ein Bahnhof, wie eine Kathedrale… In der nur selten Messen gelesen,… Eh… Selten Züge fahren, Leider! Umwerfend!

Wir haben drei Stunden Zeit und entscheiden uns für einen Stadtspaziergang und eine Essenseinnahme… Und die Donau wollen wir natürlich auch sehen… Als Wiener 😉! Die Ausmaße des Flusses an dieser Stelle sind schon gewaltig!

Zurück am Bahnhof nach einem kurzen Wolkenbruch, steigen wir für die nächsten 3 Stunden in die Diesel-Lokalbahn nach Bukarest, irgendwie unwürdig, aber so ist das halt. Der Grenzbeamte sieht mich länger skeptisch an, der neue Haarschnitt scheint ihn zu verwirren 😉! Danach folgt die Überfahrt auf der Donaubrücke zwischen Ruse und Giurgiu. Die Brücke ist 2,8 km lang und ragt an ihrer höchsten Stelle 30 m über den Wasserspiegel. Zum Zeitpunkt ihrer Eröffnung war sie die längste Kombi-Brücke für Automobil- und Eisenbahnverkehr in Europa.

19.00 Uhr: Ankunft Bukarest Nord.

Endlich.

Nach knapp 21,5 Stunden Fahrzeit.

Wir sind kaputt und gehen ins Hotel, doch wir wollten noch etwas von der Stadt sehen und so gings ab ins Zentrum und zu einer weiteren Kathedrale, einem Fresstempel: Caru‘ ce Bere.

Nächster Morgen, nächster Rundgang mit Frühstück. Es ist der 1. Mai und es ist einfach tote Hose in Bukarest, die 6 spurigen Straßen wirken wie deplatzierte Relikte einer vergangenen Autozeit.

Das Parlamentsgebäude wird natürlich auch von außen besichtigt. Das schwerste Gebäude der Welt, ein Überbleibsel einer grausamen und größenwahnsinnigen Diktatur.

Abfahrt 14.00 Uhr am Nordbahnhof. Der direkte Nachtzug 346 „Dacia“ nach Wien wartet auf Bahnsteig 8. Wir haben wieder ein Double-Schlafwagenabteil und weil wir früh gebucht haben, wurde uns das Deluxe-Abteil mit WC und Dusche zugeteilt. WOW!

UND!! EINEN SPEISEWAGEN GIBT ES AUCH!!

Gegen 17 Uhr gehen wir in besagten Speisewagen. Karte gibt es keine.

„Grilled pork or chicken?“

„One of each!“

Und los geht es 😉!

Sehr gut war es. Später sollte es noch etwas absurd werden. Ein betrunkener Gast fragt ob ich vom Geheimdienst bin, weil ich so viele Fotos mache… Letzten Endes war er dann recht froh in uns zwei Zuhörer gefunden zu haben, dass er uns dann mit einer ausgegebenen Runde dankte 😉.

19.00 Uhr wir legen uns ins Bett und relaxen und schauen „Eisenbahn-TV“ (aus Fenster) schön ist es!

Grenzkontrollen an der Rumänisch-Ungarischen Grenze verlaufen problemlos und wir schlafen ein, ab 5.40 Uhr werden die Zugansagen unabschaltbar in unser Abteil eingespielt.

Wir sind wieder da!

Montag Abend Abfahrt, Donnerstag Früh Ankunft.

Istanbul -Bukarest – Wien.

☑️

Danke fürs Lesen dieses langen Eintrages, ich hoffe es hat Fernweh und Abenteuerlust ausgelöst 😉!

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